Totholz – Risiko und ökologischer Reichtum
Totholz wird allgemein als nützlich angesehen: Als Brutstätte für viele Tierarten, Insekten, Pilze und Mikroorganismen. Durch die im Verrottungsprozess freigesetzten Nährstoffe lässt sich zudem die Qualität karger Böden verbessern. Totholz ist für das Ökosystem Wald unverzichtbar. Doch unter bestimmten Bedingungen ist Totholz gleichzeitig eine erhebliche Gefahr für den Wald:
Die katastrophalen Waldbrände in Kalifornien im Herbst 2018, bei denen über 13.000 Häuser zerstört wurden und denen über 60 Menschen den Flammen zum Opfer fielen, haben neben langanhaltender Dürre und feuerbegünstigen Witterungsbedingungen eine Ursache: erhebliche Mengen an Totholz, die das Brandverhalten begünstigten und die Brände rasch außer Kontrolle geraten ließen. Genau genommen ist Totholz neben seinem unbestrittenen Nutzen eben auch eines: Brennstoff – und damit Teil des sog. Feuerdreiecks (Zündtemperatur, Sauerstoff, Brennstoff). Dieses Feuerdreieck hat eine simple Regel: Je größer die Menge des verfügbaren Brennstoffs, umso höher die Intensität des Feuers. Diese Regel gilt eben nicht nur für Kalifornien, sie ist universell und gilt gleichermaßen für deutsche Wälder.
Auch hierzulande hat Totholz zu katastrophalen Ausbreitungen von Waldbränden geführt. Etwa bei der Waldbandkatastrophe 1975 in Niedersachsen. Dieser bisher größten Brandkatastrophe war drei Jahre zuvor eine weitere Katastrophe vorausgegangen: Orkan „Quimburga“ hatte im November 1972 große Waldgebiete in der Lüneburger Heide verheert. In den Folgejahren wurde zwar das verwertbare Holz aus den Wäldern geholt, große Mengen an Totholz, insbesondere Kronenholz blieben jedoch in den niedersächsischen Wäldern zurück.
Als im August 1975 nach einer langen Trockenphase günstige Brandbedingungen herrschten, war die Katastrophe vorprogrammiert: Entstehungsbrände fanden reichlich Nahrung, erreichten Flammenhöhen von bis zu 40 Metern und überwanden durch sog. Flugfeuer selbst breite Feuerbarrieren, wie den damals im Bau befindlichen Elbe-Seiten-Kanal. Immer wieder wurden Feuerwehrleute bei der Brandbekämpfung von den Flammen eingeschlossen, fünf von ihnen starben am 10.08.1975 bei Meinersen im Landkreis Gifhorn. Dass neben den Witterungsbedingungen und vereinzelten Fehlern bei der Organisation der Brandbekämpfung eben auch die großen Mengen an Totholz wesentlich zur katastrophalen Ausbreitung der Brände beigetragen haben, gilt heute als gesichert.